Montag, 7. Oktober 2013

Drei auf einen Streich oder Wie passt Glavinic zu Galera zu Martin?


Thomas Glavinic: "Das größere Wunder"


Sein dritter Jonas-Roman entführt uns auf den Mount Everest, wo Jonas eine konspirative Reise zu sich selbst und in seine Vergangenheit macht. Im Wechsel erzählen die Kapitel von Jonas' Kindheit, seinem Aufwachsen bei der allkoholkranken Mutter und wie schließlich der Großvater seines besten Freundes Werner ihn bei sich aufnimmt. Von da an bekommen die beiden alles, was man sich für eine unbeschwerte Kindheit wünschen kann. Geld, Bildung, Reisen und die Möglichkeit, alls zu tun, wonach ihnen der Sinn steht.
Je höher Jonas auf den Mount Everst steigt, umso mehr spitzt sich die Lage in der Vergangenheit zu. Schicksalsschläge treffen sein jüngeres Ich, aber auch die Begegenung mit Marie (wieder mal) stellt einen Wendepunkt dar.
Im neuen Roman gefällt mir am Besten die Sprache Glavinics. Er schreibt runder, fließender und entfaltet die Kraft der Sprache besser als in all seinen Romanen davor. Inhaltlich muss ich ihm allerdings einen Stern abziehen, die Beschreibung von Jonas' Kindheit ist bei all ihrer sprachlichen Schönheit dann doch ein wenig zu lang geraten.
Dies dazu. Alles in allem würde ich "Das größere Wunder" als Glavinics erwachsenstes Werk bezeichnen, lesenswert allemal, auch wenn man kein Fan der Vorgänger war.


Daniel Galera: "Flut"


Anlässlich des Brasilien-Schwerpunktes der heurigen Frankfurter Buchmesse werden einige brasilianische Autoren auf Deutsch übersetzt, unter ihnen Daniel Galera. In seinem Roman geht es um einen namenlosen Mittdreißiger, der "Gaucho" genannt wird. Er zieht in das Küstenstädtchen Garopaba, in dem einst sein Großvater angeblich ermordet wurde. Nun beginnt er nachzuforschen. Seine Besonderheit liegt daran, dass er sich durch einen Defekt im Gehirn keine Gesichter merken kann. Er vergisst sie nach wenigen Minuten wieder und wenn er sie wiedersieht, ist es jedesmal, als wäre es das erste Mal.
Auf den ersten Blick ist es ein Generationenroman. Auf den zweiten eine Familientragödie. Und erst wenn man ganz genau hinschaut erkennt man die Brillanz, die der Autor in seine Geschichte verpackt hat. Er erzählt von dem großen, allumfassenden Theaterstück, in dem wir alle unsere Rolle spielen, egal wie klein und nichtig sie auch ist.
"Was ich falsch gemacht habe, trage ich mit mir herum. Nichts verschwindet einfach so, nur weil wir es beschließen, weil wir es wollen. Keiner kann mich von dem Leid befreien, dass ich anderen angetranhabe. Man mus es behalten, um ein besserer Mensch zu werden."
Die größte Überraschung war für mich die Sprache. Sie ist extrem reduziert, praktisch die Essenz der Gedanken, ohne Schnörkel, ohne überflüssige Sätze. Durch das Fehlen de Anführungszeichen verschwimmen manchmal die Gedanken mit dem Gesagten und als Leser sucht man sich seinen Weg durch die Buchstaben ohne Anleitung. Das macht das Buch, wenn schon nicht einzigartig, dann doch zu etwas Besonderem in der Masse Bücher, die ihre Leser fest an der Hand halten.


George R. R. Martin: Die Hekenritter von Westeros, Das Urteil der Sieben


Um die Wartezeit auf Band 6 zu verkürzen bringt der Verlag Penhaligon Kurzgeschichten aus Westeros heraus. Zwei von ihnen hat es schon mal gegeben, die sind allerdings nicht mehr lieferbar.
In den drei Geschichten, die dieser Band versammelt, geht es um den Heckenritter Dunk oder Ser Duncan der Große, wie er sich bei seinem ersten Tunier nennt und seinen Knappen Ei.
Spannend an den Geschichten, die ich hier nicht nacherzählen möchte, ist vor allem, dass sie ungefähr 100 Jahre vor der Handlung von "Game of Thrones" spielen, wo die Targaryen noch auf dem Thron sitzen. Interessanterweise ist es vollkommen egal, wob die Promis nun erfunden sind oder nicht, aber ich konnte nicht genug von Baelor Speerbrecher und den anderen Targaryen lesen, einfach weil ich finde, dass sie in Game Of Thrones zu kurz kommen.
Dunk finde etwas farblos und es wirkt als wäre er nur hier, um uns einen Blick auf die Geschehnisse zu ermöglichen, ohne aber eine eigene Persönlichkeit zu besitzen. Ei hab ich witzig gefunden, auch wenn es mir die Haare aufstellt bei seinem Namen. Es gibt schon seit einiger Zeit eine Graphic-Novel-Ausgabe von "Die Heckenritter", allerdings momentan nur von den ersten beiden Geschichten, in denen Ei wenigstens Egg heißt. Wenn man bedenkt, wofür Egg steht, würde auch in der deutschen Übersetzung die Beibehaltung des englischen Names Sinn machen.
Einen Kritikpunkt gibt es noch: Auch wenn ich im Buchhandel arbeite, so muss ich doch die Preispolitik des Verlages kritisieren: der Band, wenngleich nur halb so dick wie die deutschen Übersetzungen kostet in Österreich ebenso seine €15,50, der gleiche Preis, den auch die deutshcen Einzelbände haben. Für "Zweitveröffentlichungen" reichlich überzogen, noch dazu weil ich der Meinung bin - und das ist reinste Spekulation - dass ein Autor wie George R.R. Martin solche Geschichten wahrscheinlich zu Hauf in seiner Schublade liegen hat. Alles was der Verlag tut, ist sich aus einer Goldgrube zu bedienen und all die irren Fans (ich nehm mich da nicht aus), die sehnsüchtig auf Nachrischt aus Westeros warten, zur Kasse zu bitten.
Mein Fazit also: Wegen der Handlung braucht man das Buch nicht kaufen. Aber es steht George R.R. Martin drauf und es spielt in Westeros, also gelten hier sowieso keine normalen Maßstäbe...

2 Kommentare:

  1. Kind, du musst mal wieder bloggen! :)

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    1. Ich weeeeiiiiß... zu faul, zu wenig Internet zu faul, zu faul zu faul. ich werd mich bei der nase nehmen :D

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